World Health Summit 2025: Antimikrobielle Resistenzen im Fokus
Das Deutsche Netzwerk gegen Antimikrobielle Resistenzen (DNAMR) veranstaltete auf dem diesjährigen World Health Summit einen vielbeachteten Workshop zum Thema „Combating Antibiotic Resistance—The Role of Market Incentives in Europe for the Development of New Therapies”.
Der jährlich in Berlin stattfindende World Health Summit (WHS) ist ein zentrales Forum für den internationalen Austausch über globale Gesundheitspolitik. Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft diskutieren hier Wege zu einer nachhaltigen und gerechten Gesundheitsversorgung weltweit. Im Rahmen des diesjährigen Gipfels rückte ein Workshop des Deutschen Netzwerks gegen Antimikrobielle Resistenzen (DNAMR) die politische und ökonomische Dimension von Antibiotikaresistenzen in den Fokus.
Unter dem Titel „Combating Antibiotic Resistance—The Role of Market Incentives in Europe for the Development of New Therapies“ erörterten Mathias Pletz, DZIF-Wissenschaftler und Direktor des Instituts für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene am Universitätsklinikum Jena, Dame Sally Davies, Sonderbeauftragte für Antibiotikaresistenzen aus Großbritannien, Dagmar Reitenbach aus dem Deutschen Bundesministerium für Gesundheit (BMG) sowie Takuko Sawada, Direktorin und Vorstands-Vizepräsidentin von Shionogi & Co., Ltd. aus Japan, Strategien, wie geeignete Marktanreize die Entwicklung neuer antimikrobieller Therapien in Europa voranbringen können.
Marc Gitzinger, CEO und Gründer von BioVersys aus der Schweiz, eröffnete und moderierte den Workshop mit einem eindringlichen Appell: Während die Bedrohung durch multiresistente Bakterien wächst, stagniert die Entwicklung neuer Antibiotika. „Die Menschheit läuft Gefahr, in das Zeitalter vor der Entdeckung des Penicillins zurückzufallen“, so Gitzinger. Die Last der Antibiotika-Entwicklung liege größtenteils auf den Schultern kleiner Unternehmen, da sich große Pharmafirmen zunehmend zurückziehen. Anreizsysteme sind dringend notwendig.
Die Entwicklung von Antibiotika muss als kritische Infrastruktur betrachtet und gefördert werden
Dame Sally Davies forderte ein grundlegendes Umdenken hinsichtlich der Bewertung von Antibiotika und bezeichnete diese als „kritische Infrastruktur“. Sie stellte das britische Abonnementmodell vor, auch „Netflix“-Modell genannt, ein gestaffeltes, entkoppeltes Zahlungssystem, bei dem Unternehmen auf der Grundlage des geschätzten Werts ihres Antibiotikums für den National Health Service und die Patient:innen und nicht auf der Grundlage des Umsatzvolumens vergütet werden. Mit bis zu 23,7 Millionen Pfund jährlich für bahnbrechende Innovationen über einen Zeitraum von maximal 16 Jahren zielt das Modell darauf ab, Innovationen voranzutreiben und gleichzeitig einen verantwortungsvollen Umgang zu fördern. Davies betonte die Notwendigkeit internationaler Zusammenarbeit und Führungsstärke – insbesondere innerhalb der G7, der EU und der G20 – um bewährte Ansätze zu skalieren. Dafür forderte sie Investitionen von „Universal Ownern“ wie Pensionskassen, der Industrie und anderen Partnern, um diese „gesellschaftliche Herausforderung“ anzugehen.
Deutschland unterstützt die Einführung von „Transferable Exclusivity Vouchers“ (TEVs)
Dagmar Reitenbach verkündete eine wichtige Neuigkeit auf EU-Ebene: Im Rahmen des Pharmapakets unterstützt Deutschland die Einführung der TEVs in der Fassung des Ratsmandats als Teil des EU-Arzneimittelpakets. Dabei handelt es sich um ein Instrument, das einen positiven Marktanreiz setzt und gleichzeitig finanziell tragbar bleibt. Auf nationaler Ebene stellte Reitenbach zudem die deutschen Maßnahmen vor. Dazu zählen die AMR-Botschafterin, Push- und Pull-Anreize, darunter die Privilegierung im Nutzenbewertungsverfahren für innovative Antibiotika sowie Free Pricing seit 2023, um die Preisgestaltung für Reserve-Antibiotika zu flexibilisieren. Darüber hinaus unterstützt Deutschland international Public-Private-Partnerships wie GARDP und CARB-X sowie Initiativen wie das Global AMR R&D Hub.
Mathias Pletz machte deutlich, dass trotz Stewardship ständig neue Antibiotika benötigt werden, da Bakterien von Natur aus Resistenzen entwickeln. Ein eindrucksvolles Video veranschaulichte diesen evolutionären Prozess. Pletz wies zudem auf den signifikanten Anstieg von Antibiotika-Resistenzen in Deutschland infolge des Ukraine-Kriegs hin und betonte die sicherheitspolitische Dimension des Themas.
Takuko Sawada unterstrich die gesellschaftliche Verantwortung ihres Unternehmens: „Wir stellen Wirkstoffe kostenfrei zur Verfügung, verfolgen aber natürlich auch wirtschaftliche Zwänge.“ Sie zeigte großes Interesse an den Entwicklungen in Großbritannien und der Diskussion zu TEVs auf EU-Ebene, um innovative Ansätze für eine nachhaltige Antibiotika-Entwicklung zu unterstützen.
Quelle: Mitteilung des DNAMR