Blut-basierte immunologische Signaturen für extrapulmonale Tuberkulose entschlüsselt
Erste Biomarker für schnelle Diagnose und gezielte Therapie
Entwicklung gezielter Therapeutika und Diagnostika für die extrapulmonare Tuberkulose an der Uniklinik Köln.
Tuberkulose (TB) ist eine der weltweit führenden Infektionskrankheiten. Die Infektion mit dem Bakterium Mycobacterium tuberculosis befällt in erster Linie die Lunge, bei bis zu 25 Prozent aller infizierten Personen aber auch weitere Körperregionen wie Lymphknoten, Knochen oder das Gehirn. In einer heute im renommierten Fachjournal Nature Communications veröffentlichten Studie haben Forschende des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF), des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), der Uniklinik Köln und des LIMES-Instituts der Universität Bonn die immunologischen Eigenschaften der sogenannten extrapulmonalen Tuberkulose (EPTB) im Blut von betroffenen Patientinnen und Patienten entschlüsselt. Die Ergebnisse können dabei helfen, neue gezielte Therapeutika und Diagnostika für diese wichtige Erkrankung zu entwickeln.
Jährlich erkranken etwa zehn Millionen Menschen an Tuberkulose (TB) und 1,25 Millionen Menschen sterben an den Folgen der Infektion. Doch die Immunreaktion bei TB, insbesondere bei extrapulmonaler TB (EPTB), ist bislang unzureichend verstanden. EPTB betrifft in manchen Regionen der Welt bis zu 30 Prozent der Patient:innen und kann alle Organe außerhalb der Lunge befallen. Dies erschwert die Diagnose und Behandlung erheblich, da leicht zugängliche Biomarker fehlen. Um die immunologischen Vorgänge besser zu verstehen, untersuchten Forschende des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF), des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), des LIMES-Instituts der Universität Bonn und der Uniklinik Köln das Blut von EPTB-Patient:innen mit modernen Multi-Omics-Ansätzen, darunter die Einzelzell-RNA-Sequenzierung von Blutzellen. Die Analyse der Transkriptomdaten zeigte komplexe Signalnetzwerke zwischen relevanten Komponenten des Immunsystems, die eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung von Krankheitserregern und der Regulierung von Entzündungen spielen.
Klassifizierung in Immunotypen liefert neue Erkenntnisse über Krankheitsmechanismen
„Mithilfe der Daten konnten wir EPTB-Patienten erstmals drei klar unterscheidbare Immunotypen zuordnen, die unterschiedliche Krankheitsverläufe widerspiegeln“, sagt Dr. Sebastian Theobald, Erstautor und Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Uniklinik Köln. „Diese Dynamik ermöglicht neue Einblicke in den Krankheitsmechanismus der Tuberkulose und wird hoffentlich in Zukunft dazu führen, dass wir Patientinnen und Patienten individuell und effektiver behandeln können“, ergänzt Prof. Jan Rybniker, Leiter des Schwerpunkts für Klinische Infektiologie der Uniklinik Köln und stellvertretender Koordinator des DZIF-Forschungsbereichs Tuberkulose. „Insbesondere das Zusammenspiel der Interferon- und Interleukin-1-Signalwege sowie die Aktivierung von T-Zellen und Natürlichen Killerzellen spielten bei der Identifizierung der Immunotypen eine tragende Rolle“, so Kilian Dahm, Co-Erstautor und Bioinformatiker am Universitätsklinikum Bonn und am DZNE.
Neue Diagnostik dank molekularer Signaturen im Blut
Darüber hinaus gelang es den Forschenden, genexpressionsbasierte Biomarker zu entwickeln, die sowohl extrapulmonale als auch pulmonale TB zuverlässig diagnostizieren können. Aktuell müssen Patient:innen für die Diagnose einer extrapulmonalen Tuberkulose einer Gewebepunktion unterzogen werden. Künftig könnte die Bestimmung von Signaturen, die auf immunologischen Markern und Genexpressionsmustern im Blut basieren, als leicht zugängliche Biomarker für die Diagnose von EPTB dienen und somit einen erheblichen Einfluss auf die Patientenversorgung haben.
„Unsere Erkenntnisse tragen dazu bei, die Diagnostik und Behandlung von Tuberkulose grundlegend zu verbessern und den Weg für zielgerichtete, personalisierte Therapien zu ebnen“, sagt Dr. Thomas Ulas, Bioinformatiker am DZNE und am LIMES-Institut der Universität Bonn. „Die klinische Charakterisierung der Patientinnen und Patienten war entscheidend, um die molekularen Ergebnisse richtig einzuordnen und die Brücke zur klinischen Anwendung zu schlagen“, fügt PD Dr. Isabelle Suárez, Oberärztin in der Klinik I für Innere Medizin der Uniklinik Köln, hinzu.
Die im Rahmen der bisherigen Untersuchungen gewonnenen Erkenntnisse zur Diagnostik molekularer Signaturen im Blut von EPTB-Patient:innen werden derzeit im Rahmen einer größeren klinischen Kohorte, der mEx-TB-Studie, unter der Leitung von Prof. Jan Rybniker und PD Dr. Isabelle Suárez an mehreren Standorten des DZIF in Deutschland weiter validiert.