Forschungstransfer: Infektionsforschung führt zu Therapieprodukten
In Penzberg entsteht ein modernes Zentrum für Immunologie, Infektions- und Pandemieforschung. Wesentlich beteiligt: DZIF-Forschende der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und des LMU Klinikums
Pressekonferenz für das neue Fraunhofer-Zentrum für Immunologie, Infektions- und Pandemieforschung in Penzberg: (v. l.) Dr. Claudia Fleischer (Roche, RDG-Leiterin und ITMP-Kuratorium), Prof. Dr. med. Thomas Gudermann (Dekan der Medizinischen Fakultät der LMU), Prof. Dr. Markus M. Lerch (Ärztlicher Direktor des LMU Klinikums), Prof. Dr. Hans-Georg Kräusslich (Stv. Vorstandsvorsitzender des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung), Prof. Dr. Juliane Winkelmann (Vizepräsidentin der Technischen Universität München) sowie Prof. Dr. Martin M. Hrabě de Angelis (Forschungsdirektor von Helmholtz Munich).
Den entscheidenden Anstoß hat die Coronapandemie gegeben: Im Jahr 2022 startete in angemieteten Laborräumen am Penzberger Biotechnologie-Zentrum des Pharmaunternehmens Roche ein bayerischer Ableger des jungen Fraunhofer-Instituts für Translationale Medizin und Pharmakologie (ITMP). Das Ziel: pandemische Erreger zu identifizieren und zu charakterisieren, neue Diagnostika und Therapien zu entwickeln sowie die Rolle des Immunsystems bei Infektionserkrankungen genauer zu ergründen. Jetzt beginnen die Bauarbeiten für einen eigenen Institutsbau im direkten Umfeld des Penzberger Campus. Der ITMP-Standort Immunologie, Infektions- und Pandemieforschung IIP hat zudem Labore in München-Großhadern, in unmittelbarer Nähe zum LMU Klinikum und wichtigen Life-Sciences-Instituten.
Für Michael Hoelscher, Professor für Global Health & Infectious Diseases an der LMU, Direktor des Instituts für Infektions- und Tropenmedizin am LMU Klinikum und Koordinator des Forschungsbereichs „Tuberkulose“ im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF), bietet diese Konstellation beste Möglichkeiten für einen Transfer von Ergebnissen aus der LMU-Forschung und die Chance auf einen „perfekten Innovationskreis“: „Die Grundlagentechniken entstehen in den LMU-Labors, die Fraunhofer-Spezialisten machen daraus in der Zusammenarbeit mit der Industrie Produkte für Diagnostik und Therapie, die am LMU Klinikum in klinischen Studien evaluiert und implementiert werden.“
So lasse sich die „Synthese von einer Anbindung an die Industrie und an die Patientenversorgung schaffen“, was der Idee der Fraunhofer-Institute entspreche, sagt Hoelscher, Standortleiter Penzberg/München des Fraunhofer ITMP. Roche sei immerhin der größte Diagnostik-Hersteller der Welt, das LMU Klinikum eines der größten Universitätsklinika Deutschlands. Beteiligt an der Kooperation sind außerdem die Technische Universität München, Helmholtz Munich und das Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr.
Vorsorge für den Fall einer Pandemie
Wie die Kooperation funktionieren und synergetisch zu Erfolgen der Translation führen kann, skizziert Hoelscher an einem Beispiel: Die Aufgabe des Fraunhofer-Instituts sei es, praktische technische Lösungen zu finden, vor allem diagnostische Methoden, um in Pandemiefällen oder infektiologischen Notfallsituationen besser zu reagieren. Das LMU Klinikum sei als Mitgliedseinrichtung des DZIF indes mittlerweile Teil des European Vaccine Hub, der innovative Impfstoffe entwickeln soll, etwa gegen eine neue mögliche Grippeepidemie, verursacht vom Vogelgrippe-Erreger H5N1. Am Fraunhofer-Institut wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nun parallel entsprechende Diagnostika entwickeln, die abgestimmt sind auf die Grippeimpfstoffe. „Machen wir das in Kooperation mit Roche, können wir die Entwicklung an die Produktions-Plattform des Unternehmens anpassen. Im Falle einer Pandemie kann Roche die Diagnostika eins zu eins übernehmen und schnell in großen Stückzahlen produzieren.“
Hoelscher spricht von einem „perfect match“: Viele der Innovationen kämen aus der LMU und dem LMU Klinikum, zudem sei das Tropeninstitut am Klinikum „eine der drei größten internationalen Clinical Trial Units Europas. Wir organisieren internationale klinische Studien weltweit und haben an die 45 Partner rund um die Welt. Es geht in den Studien zum Beispiel um Krankheiten wie Malaria, Tuberkulose und HIV – und darum, die Entwicklung von Diagnostika, Impfungen und Medikamente zu beschleunigen.“