Optimierte Naturstoffe als Schlüssel zur Behandlung bei chronischer Lungenerkrankung?

Resistenzprüfung mittels Agardiffusionstest: Nur ein Antibiotikum (Testplättchen oben rechts) kann den multiresistenten Pseudomonas-Stamm in seinem Wachstum hemmen: Um das Testplättchen herum bleibt ein Freiraum.

© LMU University Hospital Munich

Antibiotika verfehlen immer häufiger ihre Wirkung. Selbst neue Medikamente sind oft wirkungslos für die Behandlung von Infektionen, die von sogenannten gramnegativen Erregern wie Pseudomonas aeruginosa, einem relevanten Erreger der Lungenentzündung, verursacht werden. Einem Forschungsteam von Universität und Fraunhofer IME Gießen, der LMU Klinikum München und dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) ist es nun gelungen, ein neuartiges Antibiotikum zu entwickeln, das gezielt gramnegative Erreger angreift. Die Substanzen sind aktiv gegen multiresistente Pseudomonas-Stämme.

Das Team von Naturstoff-Forscherinnen und -Forschern am Institut für Insektenbiotechnologie der JLU und des Gießener Fraunhofer-Instituts IME unter der Federführung von Prof. Dr. Till Schäberle hat im Rahmen der aktuellen Studie die Naturstoffklasse der Darobactine, an deren Entdeckung sie im Jahr 2019 beteiligt waren, weiter optimiert. „Es handelt sich um neuartige Peptide, die gramnegative Bakterien an einem bislang klinisch nicht genutzten Wirkort angreifen“, erläutert Prof. Schäberle. „Bisher zeigen die Darobactine, bei sehr guter antimikrobieller Aktivität in vivo, keine Zelltoxizität – eine Kernvoraussetzung für den Einsatz als Antibiotikum“, so Schäberle weiter. Durch biotechnologische Arbeiten im Bereich der Naturstoffforschung habe man die Produktion dieser Substanz verbessert. Vor allem sei es nun gelungen, neue Analoga zu generieren. 

Die Gießener Forschenden haben eine biotechnologische Plattform entwickelt, um die Substanzen aus der Naturstoffklasse der Darobactine herzustellen und entsprechend zu verändern. Sie optimierten die Substanzen und testeten die Moleküle zusammen mit einem Wissenschaftlerteam im Dr. von Haunerschen Kinderspital am LMU Klinikum München gegen multiresistente Erreger, die von Patientinnen und Patienten mit Cystischer Fibrose (CF) stammen. 

PD Dr. Ulrich von Both, pädiatrischer Infektiologe und Wissenschaftler am LMU Klinikum München, sucht nach neuen Behandlungsoptionen bei teils schwerstkranken Patienten. Er erklärt: „Gegen multiresistente gramnegative (MRGN) Erreger wirken nur noch die letzten Reserveantibiotika. Insbesondere bei der wichtigen unterstützenden antibiotischen Behandlung von Cystischer Fibrose bedeutet dies oft ein deutlich erhöhtes Risiko an toxischen Nebenwirkungen für die Patientinnen und Patienten.“ Die jetzt publizierten Forschungsergebnisse, so erklärt von Both weiter, könnten ein wichtiger Schritt sein, der langfristig Hoffnung auf eine erfolgreiche Behandlung auch von Patientinnen und Patienten mit Cystischer Fibrose macht. Bei der Mukoviszidose, so der geläufigere Krankheitsname, handelt sich um eine angeborene Stoffwechsel-Erkrankung, die zu den häufigsten Erbkrankheiten zählt.

Die beiden Leiter der Studie, PD Dr. Ulrich von Both und Prof. Dr. Till Schäberle, sind Wissenschaftler im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) an den Standorten München bzw. Gießen. Einhellig heben sie hervor, dass Antibiotika sorgsam verwendet werden sollten, um Behandlungsoptionen gegen schwere bakterielle Infektionen dauerhaft zu erhalten. Neue, wirksame Antibiotika gegen MRGN-Erreger würden dringend benötigt. Insbesondere Moleküle mit einem neuen Wirkmechanismus, wie die hier getesteten „Spitzenkandidaten“ müssten so rasch wie möglich zu lebensrettenden einsatzfähigen Antibiotika entwickelt werden. 

Quelle: Pressemitteilung der Universität Gießen

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